Stand: 16.06.2007

Das Geheimnis der Keltenschanzen

 

1. Einführung

Die Bezeichnung Viereckschanze ergab sich wahrscheinlich aus dem Volksmund, da man anfangs in den Viereckschanzen die Überreste militärischer Anlagen aus der Römerzeit, dem Mittelalter oder sogar noch dem 30jährigen Krieg sah. Die Theorie der Militärischen Befestigung wurde aber bald nach dem Beginn archäologischer Forschungen ende des 19. Jahrhunderts aufgegeben, da kein Fund auf eine militärische Nutzung hinwies.

Manche Archäologen bezeichneten sie als "Temenos", ein Wort aus dem altgriechischen, worunter ein für eine Gottheit abgesondertes und geweihtes Stück Land, auch ein heiliger Hain mit einem Tempel oder Altar zu verstehen ist. Andere zogen die Benennung "Nemeton" vor, ein keltisches Wort mit der Bedeutung "geweihter Ort", Hain, geradezu auch Heiligtum. F. Drexel schreibt 1931 unter Bezug auf die Anlagen von Templum. Der Name den die Kelten benutzten ist leider nicht überliefert und liegt genauso im Dunkel der Geschichte wie der eigentliche Zweck dieser Anlagen.

Das Verbreitungsgebiet der Keltenschanzen erstreckt in einem Breiten Band von der französischen Atlantikküste über Süddeutschland bis nach Böhmen. In Süddeutschand sind mittlerweile über 250 Keltenschanzen bekannt (Baden-Württemberg 71; Bayern 171), wobei die größte Anzahl erst in den letzten 50 Jahren entdeckt wurde. Da die Kelten selbst keine Schriftlichen Zeugnisse Ihrer Kultur hinterlassen haben, ist man bei der Deutung ganz auf den Archäologischen Befund angewiesen. Dieser ist allerdings dünn und nach heutigem Kenntnisstand nicht einheitlich, und läßt daher verschiedene Deutungen zu. Eine gewisse Einigkeit besteht aber was den Entstehungszeitraum betrifft, dieser wird allgemein für den Zeitraum von 200 v. Chr. –  15 v.Chr. (also die Spätlatène-Zeit) angenommen.

  

2. Forschungsgeschichte

Das erste Mal wurden Viereckschanzen zwischen 1824 und 1837, während der württembergischen Landesvermessung (1818-1840) vermessen und amtlich erfaßt. Diese Viereckschanzen wurden damals von den Vermessern als römische Sommerlager bezeichnet.

Etwas später hat Johann Nepomuk Ritter von Raiser in seiner Darstellung „Der Oberdonaukreis des Königreichs Bayern unter den Römern" die Ihm bekannten „Viereckschanzen" erfasst und sie als römische Befestigungen oder Gutshöfe interpretiert.

Im Jahr 1896 untersuchten Conrady und Schumacher die Anlage von Hardheim-Gerichtstetten und stellten anhand der Funde (zu Ihrer Enttäuschung) fest, daß diese ohne Zweifel keltischen Ursprungs seien. Sie hielten die Schanze für ein bäuerliches Gehöft. Die Erdwälle wurden als Windschutz eines "Viehgeheges" erklärt.

1931 vertrat Friedrich Drexel erstmals die Theorie, wonach es sich bei den Anlagen um Heiligtümer gehandelt haben könnte. Seit dann in den Fünfzigerjahren erste systematische archäologische Untersuchungen durchgeführt wurden, deutete man die Viereckschanzen als von der profanen Welt abgegrenzte heilige Orte und Opferplätze mit tiefen Kultschächten und Holztempeln. Großflächige Grabungen zu Beginn der Neunzigerjahre, die eine regelhafte Innenbebauung und typische Siedlungsbefunde zutage brachten, förderten die Annahme, daß es sich nicht um menschenleere Tempelbezirke, sondern um dauerhaft bewohnte Herrenhöfe bzw. eher Mittelpunkte eines ländlichen Siedlungsgefüges gehandelt haben muss, deren Funktion mehrere Aspekte umfasste, profane und kultische.

Bemerkenswerter Weise meinte Carl Schuchardt bereits 1931 in seinem auch heute noch lesenswerten Buch "Die Burg im Wandel der Weltgeschichte" das es sich bei Viereckschanzen um in Holz gebaute Gutshöfe handeln würde. Allerdings hielt er Sie noch für frührömisch.

  

3. Gemeinsamkeiten

Es gibt trotz der unterschiedlichen Funde innerhalb der Viereckschanzen einige Merkmale, die alle Viereckschanzen gemeinsam haben, oder die zumindest oft anzutreffen sind:

        -    im inneren der Anlage findet sich immer ein Schacht, der als Brunnen- oder Opferschacht interpretiert werden kann.

-    Neuere Grabungen zeigen, dass im Inneren oft ein wiederkehrendes Bauschema auftritt, bei dem in den beiden dem Eingang gegenüberliegenden Ecken Gebäude anzutreffen sind. Dies sind, den Grundrissen der Pfostenlöcher nach zu Urteilen, das Hauptgebäude und ein kleinerer Tempel.

     

4. Archäologische Fundsituation

In der Viereckschanze von Fellbach-Schmiden wurde ein tiefer, mit Holz verkleideter Brunnenschacht freigelegt der dendrochronologisch (also anhand der Jahresringe des Holzes) ins Jahr 123 v. Chr. datiert werden konnte. Auf der Sohle des 20 Meter tiefen Schachtes fanden sich gut erhaltene geschnitzte Tierfiguren aus Eichenholz.

Ebenfalls in Fellbach-Schmiden gibt es viereckige Bergräbnisplätze außerhalb der Umwallung die erst kürzlich entdeckt, bzw. als solche Interpretiert wurden. Es bleibt spannend ob ähnliche Funde nun auch bei anderen Ausgrabungen gemacht werden.

In einer „Viereckschanze" bei Ehningen wurden zahlreiche Reste von Pfostenbauten entdeckt, die das Bild eines Bauernanwesens vermittelten. Der oberirdische Erhaltungszustand der Viereckschanzen ist im allgemeneinen schlecht da die Errosion viel von den Erdwällen abgetragen hat. Das ungeschulte Auge sieht nur noch kleine Wälle und Gräben. Das Bild unten zeigt mich bei einer Begehung der Keltenschanze bei der Heuneburg bei Hundersingen  (http://www.heuneburg.de)

 

 

5. mögliche Vorgänger- bzw. Nachfolger der Latène-zeitlichen Viereckschanzen

Vor allem im südbayerischen Raum sind aus der Hallstatt-Zeit sogenannte Herrenhöfe bekannt. Ihr Schwerpunkt liegt entlang der Donau zwischen Donauwörth und Vilshofen sowie in den fruchtbaren Zonen Niederbayerns und der südlichen Oberpfalz. Sie liegen häufig in Tallandschaften, durch die wahrscheinlich Wege führten und in der Nähe von Siedlungsplätzen und Grabhügelfelden. Dies erlaubt es in den „Herrenhöfen“ regionale Mittelpunkte zu vermuten. Diese Herrenhöfe waren große, oft mit einem rechteckigen Wall und/oder Graben bzw. Palisadenzaun befestigte, repräsentative Bauernhöfe die möglicherweise eine Art baugeschichtlicher Vorgänger der Viereckschanzen darstellen. Durch Luftbildarchäologie wurden nun auch in Baden-Württemberg in unmittelbarer nähe des Fürstensitzes auf dem Ipf im Nördlinger Ries solche rechteckigen Hofanlagen entdeckt. Bei Ausgrabungen wurde wertvolle Importkeramik gefunden. Den hierarchischen Zusammenhang zum Fürstensitz gilt es noch zu klären.

Herrenhöfe zeigen in ihrer Ausprägung eine erstaunliche Vielfalt; ihre Typologie orientiert sich an der Zahl und Gestaltung der Gräben sowie der Art der Palisadenzäune. Unterscheiden lassen sich einfache Anlagen mit geringer Innenfläche und nur einem einzigen Graben, Anlagen mit gestaffeltem Grabensystem sowie eine weitere Gruppe, deren Siedlungsareal durch Zaungräbchen abgegrenzt ist.

Die Datierung der bislang untersuchten Herrenhöfe weist eine beträchtliche zeitliche Tiefe auf. Es kann von einem Siedlungsbeginn schon ab 750 v. Chr. ausgegangen werden, das Ende der kontinuierlichen Besiedlung setzt ab 625 v. Chr. ein. Eine größere Zahl von Anlagen wurden jedoch erst während der späten Hallstattzeit (ab 625 v. Chr.) errichtet und verloren noch während der Hallstattzeit ihre Funktion. Daher gibt es allerdings zumindest nach heutigem Erkenntnisstand eine größere zeitliche Lücke zwischen dem Ende der Herrenhöfe und dem beginn der Viereckschanzen. Zugegebenermaßen ein Schwachpunkt der Theorie den Herrenhöfen eine Vorläuferfunktion zuzusprechen.

Aber gibt es auch mögliche Nachfolge-Bauten? Möglicherweise die römischen Villa Rustica?

Sowohl Viereckschanzen als auch Villa Rustica liegen oft räumlich nahe beieinander und oft auch in der Nähe von Römerstraßen (früheren Keltenstrassen?). Schließlich mußten Landwirtschaftliche Erzeugnisse auch gehandelt und daher transportiert werden.

Bei verschiedenen Ausgrabungen innerhalb von Viereckschanzen wurden fast immer die Pfostenlöcher eines kleineren Gebäudes gefunden, dessen Grundriß einem sogenannten "Gallorömischen Umgangstempel" ähnelte. Ein zentraler, quadratischer Raum (eine sogenannte "Cella") mit einem rundherum führenden Gang. Interessant ist, das der obligatorische Tempel in römischen Gutshöfen, den Villa Rustica, oft ebenfalls als Gallorömischer Umgangstempel angelegt wurde. Zumindest auffallend oft in Villa Rustica auf ehemals keltischem Gebiet in Süddeutschland oder Frankreich. Da eben diese römischen Villa Rustica (Villa=Anwesen; Rustica= Ländlich) oft in der nähe von Viereckschanzen gefunden wurden, wäre eine Untersuchung interessant, ob gerade in den Villa Rustica in der unmittelbaren Nähe von Viereckschanzen die Tempel als Umgangstempel angelegt worden sind. Das würde die Theorie stützen, dass mögliche keltische "Gutsherren" sich in der Römerzeit den neuen Verhältnissen anpassten, und diese Villa Rustica sozusagen als die Nachfolger der Viereckschanzen in der Römerzeit als Herrschaftliche Gutshöfe zu sehen sind.

Es gab es in den Viereckschanzen immer ein großes Hauptgebäude, das mit seiner Hauptfront direkt gegenüber dem Tor lag. An dieser Frontseite des Hauptgebäudes gab es häufig Vorbauten, die mich an die Eckrisaliten am Portikus einer Villa Rustica erinnern (zumindest soweit man das sagen kann, da ja nur noch die Pfostenlöcher erhalten sind). Das die Eingangsfront des Hauptgebäudes zum Tor hin ausgerichtet war, wohl damit ein Besucher direkt auf das stattlichste Gebäude blickte (übrigens genau wie auch bei den Villa Rustica), könnte auch eine ganz profane Erklärung sein, warum das Tor nie nach Norden, aber meistens nach Süden hin ausgerichtet war. Norden ist einfach die ungünstigste Wetterseite.

Auch darf nicht Vergessen werden, das Kelten in der Anfangszeit des Römischen Reiches in Norditalien siedelten. Daher könnte es möglicherweise auch dort schon eine Beeinflussung durch die keltischen Gutshöfe gegeben haben. Das ist aber eine reine Spekulation, da mir Funde von Keltischen Gutshöfen in Norditalien aus der FrühLatène-Zeit unbekannt sind. Obwohl es diese ja eigentlich gegeben haben müsste.

Daher ist meiner Meinung nach eine mögliche Vorgänger- und Vorbildfunktion der Viereckschanzen für die Villa Rustica in Erwägung zu ziehen.

 

6. Besiedelungsumfeld in der Latène-Zeit

Ein Gesamtbild vorgeschichtlicher Siedlungsabläufe kann nur entstehen, wenn man sich alle bekannten Siedlungstypen einer bestimmten Zeitepoche anschaut. Zumal Die Siedlungsstruktur in gewissem Rahmen auch die Sozialstruktur wiedergeben kann.

Während der Hallstatt-Zeit (ca. 800 - 400 v.u.Z) gab es im Keltischen Stammland vor allem einige wenige große Fürstensitze, Fliehburgen, Höhensiedlungen, Herrenhöfe und offene Dörfer. Was zusammen mit den für diese Zeit typischen Großgrabhügeln alles auf eine Stark hierarchisierte Gesellschaftsstruktur hindeutet. Beide Phänomene, Prunkgräber und Fürstensitze, treten nördlich der Alpen im 7. Jahrhundert auf und verschwinden im 4. Jahrhundert v. Chr. nahezu völlig.

In der Latène-Zeit (ca. 400 v.u.Z - 15 n.u.Z) gab es keine Fürstensitze mehr, dafür aber viele offene Dörfer (die aus mehreren umzäunten Einzelgehöften bestanden) und einigen "Oppidas" also Stadtähnliche Zentren wie z. Bsp. in Grabenstetten auf der Schwäbischen Alb, bei Jestetten-Altenrhein auf einer Rheinschleife, bei Manching in der nähe von München und wie erst kürzlich entdeckt am Fuße des Hohenhewens bei Welschingen im Hegau. Und es gaben eben die Viereckschanzen.

In seinen „Kommentaren zum Gallischen Krieg“ (Commentarii de bello Gallico) unterscheidet auch Cäsar die „Städte“ der Gallier (oppidum oder urbs) von den offenen Dörfern (vicus) und Einzelhöfen. Sollten die bei Cäsar erwähnten Einzelhöfe vielleicht unsere Viereckschanzen sein?

 

7. Pro & Contra verschiedener Thesen zur Nutzung der Viereckschanzen:

1.     Theorie: Kultische Nutzung

Die Deutung der Viereckschanzen als Kultplätze war seit den 50er Jahren unter Wissenschaftlern sehr verbreitet, wird mittlerweile aber immer mehr durch die Gutshoftheorie verdrängt.

Pro:

Kontra:

- Die Lage der Keltenschanzen, die sich oftmals in der Nähe von Grabhügelfeldern befinden, legt einen kultischen Zweck nahe.

- Die oftmals gefundenen Brunnenschächte können auch als Opferschächte interpretiert werden. Tatsächlich wurden auch Knochen und Spuren von organischen Überresten nachgewiesen. Neuerdings wird allerdings auch dass bezweifelt, da die Methoden die damals zum chemischen Nachweis verwandt wurden mittlerweile veraltet sind.

- In einer Kultur wie der keltischen, die aus losen Stammesverbänden bestand, konnten sich wahrscheinlich nur religiöse bzw. kultische Vorstellungen schnell über ein so großes Verbreitungsgebiet ausdehnen und sich in gleichartigen Bauten ausdrücken.

-   allerdings sind diese Grabhügelfelder oft erheblich älter als die Viereckschanzen, so das ein Zusammenhang nur vermutet werden kann.

 

 

 

2.     Theorie: Gutshoftheorie

Die Gutshoftheorie wird mittlerweile unter Archäologen immer populärer. Es wird dies mittlerweile fast als gesichert angenommen.

Pro:

Kontra:

- oft wurden fruchtbare Gebiete als Standort gewählt.

- in vielen Anlagen wurden tiefe Brunnenschächte entdeckt.

- Ein drittel aller Anlagen liegt in unmittelbarer Nähe einer Wasserquelle.

- Es wurden bei Ausgrabungen in letzter Zeit, z. Bsp. bei Riedlingen, vermehrt die Reste von Holzgebäuden innerhalb der Schanze gefunden, die als Reste Landwirtschaftlicher Bauten interpretiert werden.

- Es gab mit den sogennanten "Herrenhöfen" der Hallstatt-Zeit einen möglichen Vorläufer.

- Es gibt oft mehre Bauten, die als Kornspeicher interpretiert werden können. Vielleicht wurde nicht nur das eigene Getreide dort eingelagert, sondern auch umliegende Bauern lagerten dort Getreide ein. Sei es als Abgabe an einen Adeligen oder aus Sicherheitsgründen.

- Das ein Gebäudegrundrisse an einen Umgangstempel erinnert, muß nicht unbedingt für eine religiöse Nutzung der gesamten Anlage sprechen - schließlich hatten auch viele große Bauernhöfe vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit eine kleine Hofkapelle.

- Keltenschanzen liegen meist nahe bei alten Siedlungsplätzen und diese wiederum befinden sich naturgemäß meist auf gutem Ackerboden. Daher muß sich von dem Vorhandensein guten Bodens noch keine Agrarwirtschaftliche Nutzung der Keltenschanzen ableiten.

 - Die Brunnenschächte können auch als Kultschächte interpretiert werden, in denen einer Erdgottheit geopfert wurde. Der Fund von Tier- und Menschenknochenresten in einigen Schächten stützt diese Annahme.

 - Der Standort befindet sich oftmals in strategisch ungünstiger Lage. z. Bsp. neben einer Anhöhe von der aus der Innenhof überschaut und unter Beschuß genommen werden kann.

 

3.     Theorie: Viehgehege

Eine ältere Theorie, die heute durch die bei zahlreichen Ausgrabungen entdeckte komplexe Innenbebauung weitgehend widerlegt ist.

Pro:

Kontra:

- in vielen Anlagen wurden tiefe Brunnenschächte entdeckt.

 - Ein drittel aller Anlagen liegt in unmittelbarer Nähe einer Wasserquelle. (Eine Kuh braucht zur Milchproduktion etliche Liter Wasser am Tag)

- In vielen Anlagen wurde eine umfangreiche Innenbebauung entdeckt.

 

4.     Theorie: Mischtheorien

Es wäre auch mögliche eine unterschiedliche Nutzung der Viereckschanzen in verschiedenen Zeiträumen anzunehmen. Z. Bsp. Wäre es möglich das die Keltenschanzen zuerst zu kultischen Zwecken erbaut wurden, dann aber nach einem Wandel der religiösen Vorstellungen profanen Zwecken zugeführt wurden. Möglicherweise sind die Keltenschanzen auch älter als angenommen, vielleicht wurden die Erdwälle und Gräben (die an sich ja undatierbar sind) auch schon in der Hallstattzeit als Opferstätten gebaut (zusammen mit den Grabhügelfeldern die sich oft in der Nähe befinden, wie z. Bsp. bei der Heuneburg). Nach einem Wandel der religiösen Vorstellungen wäre dann nach dieser Theorie in der Spätlatènezeit eine profane Nutzung als Landwirtschaftliche Anlage erfolgt.

 

Pro:

Kontra:

- Diese Theorie könnte den unterschiedlichen Ausgrabungsbefund in verschiedenen Keltenschanzen erklären.

- nach dieser Theorie wäre auch die oft strategische ungünstige Lage der Anlagen erklärbar, da einfach die vorhandene Umwallung einer früher kultischen Anlage benutzt wurde.

- Aufgrund der Funde im Innenraum lässt sich der Bau der Nemeta auf einen relativ engen Zeitraum innerhalb der Spätlatène-Zeit von ca. 200 Jahren datieren. Anzunehmen das die eigentliche Schanze älter ist, ist reine Spekulation.

 

5.     Theorie: Astrotempel mit Kalenderfunktion

Durch die vielen baulichen Gemeinsamkeiten der Viereckschanzen (siehe Kapitel 3 "Gemeinsamkeiten") drängt sich der Verdacht nach einer astronomischen Orientierung der alten Baumeister auf. In Landwirtschaftlich orientierten Kulturen war es wichtig den richtigen Zeitpunkt für Aussaat und Ernte zu erwischen. Es wurden daher große Anstrengungen unternommen, sich am Lauf der Sterne und an der Sommer- und der Wintersonnenwende zu orientieren. Wie lange die astronomische Tradition hierzulande zurückreicht, unterstreichen die spektakulären archäologischen Funde der letzten Jahre, so wurde in Goseck das mit 7.000 Jahren älteste Observatorium entdeckt, und mit der 3.600 Jahre alten Sonnenscheibe von Nebra die älteste Darstellung des Sternenhimmels gefunden. Da durch diese außergewöhnlichen Funde die interessante Arbeit der Archäoastronomie wohl einigen Auftrieb gewinnen wird, kann darauf gehofft werden, dass auch für die Keltenzeit entsprechende Untersuchungen gemacht werden. Es gibt jedenfalls einige Hinweise darauf, das auch die keltischen Druiden sich mit der Astronomie beschäftigten. So schreibt der römische Geschichtsschreiber Pomponius Mela: "Die Druiden behaupten, die Größe der Erde zu kennen".

 

Pro:

Kontra:

-    der Eingang liegt nie im Norden. Bei etwas mehr als der Hälfte der Anlagen in Süddeutschland weist der Eingang nach Osten, der aufgehenden Sonne zu. Auf Westen und Süden, entfallen ziemlich exakt je 25 Prozent der Tore.

-    die Tore aller bisher entdeckten Schanzen liegen nach einer ungeprüften Quelle in dem Winkel, den die Sonne am 21. Juni (Sommersonnenwende) durchläuft.

-    es gibt auch eine ganz profane Theorie warum die Eingänge der Keltenschanzen nie nach Norden, dafür meistens nach Süden ausgerichtet sind:

Zum Eingang war immer die repräsentative Eingangsfront des Hauptgebäudes ausgerichtet. Damit ein Besucher der Viereckschanze immer direkt auf das schönste und größte Gebäude blickt (genau wie später bei den Villa Rustica). Und wenn der Eingang im Norden gelegen hätte, dann hätte auch die Front des Hauptgebäudes nach Norden, also zur ungünstigsten Wetterseite (wo der kälteste Wind herweht) gezeigt.

  

 8. kurioses

- Die wohl exotischste Theorie über die Viereckschanzen stammt von dem Hobbyhistoriker Gernot L. Geise. Er vertritt in seinem Buch „Keltenschanzen, und ihre verborgenen Funktionen“ die Theorie, das die Keltenschanzen dazu dienten das Wetter positiv zu beeinflussen. Nach dieser Theorie liegen Keltenschanzen über unterirdischen Wasserläufen, die durch die Schichtung der Keltenschanzen beeinflusst werden und dadurch wiederum über Ionenfelder einen positiven Effekt auf das Wetter hätten.
 

- Es gibt sogar eine "falsche Viereckschanze". Auf dem Schiener Berg, einer lang gezogenen Erhebung zwischen den Städten Singen und Radolfzell sowie der Bodenseehalbinsel Höri, befindet sich der "Rusbühl". Ungefähr 600 m südöstlich der Kirche von Bankholzen am Südost-Ende einer kleinen Kuppe existiert ein von Wall- und Grabenresten umgebenes unregelmäßiges Plateau von ca. 44 x 23 m. Der Arbeitskreis für Heimatpflege "Vordere Höri" hat nun eine unfreiwillig komische Hinweistafel aufgestellt:   

Hier wird Munter über eine Viereckschanze die auch noch gleich dazu zur "Kultstätte der keltischen Druiden" erklärt wird (und als Krönung auch noch mit einer um ca. 300 Jahren falschen Zeitangabe), einen Römischen Wachturm und dann sogar über eine Germanische Thingstätte spekuliert - oder sollte man lieber phantasiert sagen? - Denn Beweise oder auch nur Hinweise finden sich für keine dieser Deutungen. Ärgerlich ist nur, dass das meiste nicht einmal als These gekennzeichnet ist, sondern unter Vermeidung jedweder Quellenangaben als Tatsache hingestellt wird.

Doch was war der Rusbühl tatsächlich? Urkundliche Erwähnungen sind nicht bekannt und auch eine gründliche archäologische Untersuchung ist nie erfolgt. Bei Schürfungen im Jahr 1933 sollen Mauerspuren und Kalk entdeckt worden sein, was für eine mittelalterliche Entstehung sprechen würde.

Von der Form der Anlage her kann eine keltische Viereckschanze ausgeschlossen werden. Die Anlage ist noch nicht einmal annähernd Viereckeckig sondern eher Oval! Auch ein römischer Wachturm oder Burgus kann komplett verneint werden, denn der Rusbühl ist rundherum vom Schiener Berg überhöht, man hat in keine Richtung eine nennenswerte Aussicht, wie es doch für einen Wachturm sinnvoll gewesen wäre. Die Thingstätte entbehrt sowieso jeder Grundlage - also was bleibt?

Am Wahrscheinlichsten scheint mir der Rusbühl der Standort einer kleinen mittelalterlichen Burg gewesen zu sein. Auch der bekannte Burgenforscher Hans-Wilhelm Heine geht in seinem 1978 erschienen Werk "Studien zu Wehranlagen zwischen junger Donau und westlichem Bodensee" von einem mittelalterlichen Burghügel aus, den Er auf die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts oder ins 12. Jahrhundert datiert.

 

Buchtipp:

Günther Wieland (Hrsg.)

"Keltische Viereckschanzen"

- Einem Rätsel auf der Spur -

226 Seiten mit 82 Schwarzweiß-Abbildungen und 16 Farbtafeln.

Erschienen 1999 im Konrad Theiss Verlag

Preis 19,90 €

 

Quellen:

Herm, Gerhard: Die Kelten. Hamburg, 1977

Kurt Bittel, Siegwalt Schiek, Dieter Müller: „Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg“ 1990 Band 1 Die keltischen Viereckschanzen  Kommissionsverlag Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 398 S., 258 Abb., 82 Kartenbeilagen ISBN 3-8062-0851-4 

Scheibler, Hans: Referat: Spätkeltische "Viereckschanzen", 1991

Günther Wieland (Hrsg.), "Keltische Viereckschanzen - Einem Rätsel auf der Spur" 1999 Theiss-Verlag ISBN 3-8062-13879


Internet-Links zum Thema:

http://www.landesdenkmalamt-bw.de/nachrichtenblatt-online/NB2002-3-130-134.pdf  Bericht des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg über die Ausgrabungen bei der Viereckschanze bei Riedlingen

http://www.lwf.bayern.de/imperia/md/content/lwf-internet/veroeffentlichungen/lwf-akuell/36/lwf-aktuell_36-10.pdf  Artikel über den Wald als Schutz für archäologische Geländedenkmäler am Beispiel der Viereckschanzen auf der Seite der Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.

http://plato.alien.de/artikel-viereckschanzen.htm  Artikel auf der Website "Das Lächeln der Sphinx - Die Rätsel der Vergangenheit"

http://home.arcor.de/tom-tom-tom/Webseiten/keltenschanze.htm  Private Homepage zu den Keltenschanzen in Bayern

 

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