Stand: 19.09.2009

Viereckschanze Pfullendorf / Aach-Linz

 

Adlerwirt Klökler

Landeskonservator Prof. Ernst Wagner

Der damalige Wirt des Gasthofes Adler in Aach-Linz namens Klökler meldete um die Wende des 19./20. Jahrhunderts als erster eine Viereckschanze der Latènezeit und römische Reste. Aber die Hälfte der Anlage war schon damals durch Waldbau weitgehend zerstört.

1911 berichtete dann der Vorstand des Großherzoglich Badischen Bezirksamtes Pfullendorf G. Wolf dem Landeskonservator in Karlsruhe Ernst Wagner das im Wald „Gertholz“ bei Aach-Linz ein rechteckiger Wall mit Graben liege.

1932 wurde vom damaligen Landes-Archäologen Prof. Paul Revellio eine Skizze angefertigt:

 

Diese zeigt das der westliche Teil des Viereckschanze 1932 außerhalb des Waldes lag und daher entsprechend schlecht erhalten ist. Erst durch Wiederaufforstung in den 30er Jahren vergrößerte sich der Wald  Gertholz zu seinem heutigen Umfang. Auch werden von Revellio Funde von Keramikscherben gemeldet. 

1967 gab es wohl eine illegale Grabung, deren Spuren heute noch in der Nord-Ost-Ecke zu sehen sind. 

1987 fand eine Geländebegehung durch den bekannten Keltenforscher Siegwalt Schiek statt, der auch viele Bücher über die Kelten publiziert hat. Er konnte dabei auch feststellen, dass die schon von Revellio berichteten Keramikfunde nicht aus der Viereckschanze selbst, sondern aus einem Gebiet ca. 320 m nordöstlich am Waldrand stammten. Die Scherben könnten also auf die Existenz einer keltischen Siedlung bei der Viereckschanze hinweisen. 

Auf obigem Bild ist der noch ca. 1 m hohe südöstliche Wall vom Forstweg aus zu sehen.

 

Auf diesem Bild vom 1.01.2005 ist die noch sehr gut erhaltene Nord-Ost-Ecke zu sehen, die noch knapp 2 m vom Graben zur Wallspitze aufweist. Dort ist auch deutlich die Viereckschanzentypische Erhöhung der Ecke zu beobachten. Von dieser Ecke aus führt auch ein seltsamer Annexgraben (Annex = Anbau) in nördlicher Richtung von der Schanze weg. Vermutlich ein neuzeitlicher Entwässerungsgraben, da das Ganze Gebiet sehr viel Staunässe aufweist die hier aus dem Boden tritt. Die Herkunft des Wassers basiert auf vielen Schichtquellen die im Verlauf des eiszeitlichen Endmoränenbogens des Würmeisgletschers an den geologischen Schichtgrenzen zwischen Moränensedimenten und des für das Pfullendorfer Gebietes so typischen Molassesandsteines auftreten. Hier ganz in der Nähe verläuft auch die Europäische Wasserscheide (Es gibt in Aach Linz auch ein Denkmal des Bildhauers Lenk das auf diesen Umstand hinweist), Ebenfalls ganz in der Nähe entspringt auch die Aach die Aach-Linz den Namen gab. Aach ist übrigens ein typisch germanisches Flußnamenswort mit der Bedeutung "Wasser", althochdeutch "Aha" oder "Ahe", verwandt mit dem lateinischen "Aqua".

 

Wie sumpfig dieses Gebiet ist (Hier wurde ganz in der Nähe früher auch Torf gestochen) kann man an diesem meinem Fußstapfen sehen. Ich bin plötzlich ca. 15 cm in den Boden eingebrochen. Dieser Fußstapfen befindet sich übrigens genau in der Mitte des Grabens der Viereckschanze! Hier ist der Boden besonders Feucht. War das vielleicht Absichtlich so angelegt, damit der Graben der Viereckschanze wie ein Burggraben unter Wasser stand? Es ist übrigens ebenfalls typisch das Viereckschanzen in wasserreichen Gebieten und in der nähe von Quellen liegen.

 

hier der seltsame Graben der sich von der Viereckschanze in nördliche Richtung hinwegzieht. Wiegesagt könnte es sich um einen neuzeitlichen Entwässerungsraben handeln, aber wieso? Das ist nicht das Gebiet des Gertholzes das erst in den 30er Jahren wieder aufgeforstet wurde, nein, das ist der alte Teil und der Name Gertholz für diesen Wald ist mittelalterlich und bedeutet „Ein Wald im dem Zaunholz geschlagen wurde“. Warum also Hier Entwässerungsgräben? Oder vielleicht doch Annexgräben, die eine keltische Siedlung um die Viereckschanze herum schützten (wie bei der Viereckschanze im nahen Mengen)? Zumal Streufunde in 320 m nordöstlicher Richtung ja auf eine spätlatènezeitliche Siedlung hindeuten. Und gerade mal 660 m nordnordöstlich liegen die Ruinen einer römischen Villa Rustica in einem Gewann mit dem vielsagenden Namen „Maueräcker“, weil die Landwirte hier beim Pflügen Ihrer Äcker oft auf Mauerwerk stießen.  Es gibt auch Hinweise, dass bei Aach-Linz eine Römerstrasse vorbeiführte. Normalerweise liegen römische Gutshöfe auch immer in der nähe einer römischen Straße, ebenso wie die Viereckschanzen, die ebenfalls oft in der unmittelbaren Umgebung von römischen Gutshöfen und römischen Strassen liegen. Ein Hinweis darauf, dass die dir Römer ein bereits vorhandenes keltisches Wegenetz weiterbenutzen, bzw. ausbauten. Ebenfalls ein möglicher Hinweis darauf, das die Viereckschanzen befestigte Gutshöfe waren und damit so etwas wie Vorgängerbauten der Villa Rustica in unserem Gebiet. Hier gibt es also sehr vieles das sehr typisch für Viereckschanzen ist! Eine genaue Untersuchung würde also gerade hier als sehr lohnend erscheinen. Aber überraschenderweise ist hier noch nie richtig geforscht worden.

Ebenso gibt es  (wie auch auf der untenstehenden Karte zu sehen) in der nahen Umgebung einen großen Grabhügel:

Die nähe zu Grabhügeln ist bei vielen Viereckschanzen festzustellen.

Es gibt in der Nähe auch noch weitere keltische Siedlungsspuren. 1950 wurden bei Baugrabungen im Gewann Ziegeläcker in Pfullendorf selbst die Überreste einer trapezförmigen 6-Pfosten-Hütte gefunden. Nachgrabungen durch das Landesdenkmalamt brachten außerdem eine Feuerstelle mit angeziegelter Erde und Steine mit Brandspuren zutage. Außerdem fand man Keramikscherben, die als "wahrscheinlich frühes Latène" eingestuft wurden. Diese brachte man in das Museum in Überlingen (Quelle: "Badische Fundberichte" Band 19, 1951 S. 171 mit Tafel 34B).

Hier eine mit Google Earth erstellte Übersichtskarte der archäologischen Fundstellen in der unmittelbaren Umgebung:

Auf den beiden folgenden Bildern vom 12.02.2006 kann man gut die Auswirkungen der vorangegangen Herbststürmen erkennen, nur noch wenige Bäume stehen auf dem Gelände der Viereckschanze:

 

 

Literatur: 

1929-1932 „Badische Fundberichte“ Band II Seite 376f. Artikel von Paul Revelllio

1934 „Zwischen Bodensee und Donau - Stockach Meßkirch Pfullendorf“ Zeitschrift Badische Heimat Jahresheft 1934 – Seite 81 und 84 Artikel „Urgeschichtliche Forschung zwischen Donau und Bodensee“ von Georg Kraft

1987 „Fundbericht Baden-Württemberg 12“ Seite 299ff Artikel „Zu den spätkeltischen Scherben von Aach-Linz, Gde. Pfullendorf“ von Siegwalt Schiek.

1990 „Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg“ Band1 Die keltischen Viereckschanzen von Kurt Bittel, Siegwalt Schiek, Dieter Müller ausführlicher Bericht Seite 300 – 302 mit detaillierter Karte im Anhang.

1999 "Keltische Viereckschanzen" - Einem Rätsel auf der Spur - von Günther Wieland (Hrsg.) Seite 88 und 212

 

externe Links: 

http://pfinos1.blogger.de/static/antville/pfinos1/files/keltenschanze%20im%20gertholz.pdf  Sehr interessanter Bericht über eine Führung die am 19.09.2009 im Rahmen des Kulturschwerpunkts „Die  Vor– und Frühgeschichte im Landkreis Sigmaringen" von Kurt Schrem und Heinrich Müller vom Pfullendorfer Heimat- und Museumsverein durchgeführt wurde.

http://www.megalithic.co.uk/article.php?sid=6335786 auf dieser englischsprachigen Internet-Seite kann man nach Archäologischen Sehenswürdigkeiten suchen (Sogar die Viereckschanze von Pfullendorf/Aach-Linz wird gefunden) und bekommt auch gleich noch allerlei Interessantes in der Umgebung aufgelistet.

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